Nur wenige Grabplatten und Reste von Epitaphien der Äbte des Klosters sind in St. Michaelis verblieben. Darunter auch das Epitaph des Herbord von Holle, welches in seiner Gestaltung und Bedeutung besonders ist, denn Herbord von Holle war der erste evangelische Abt des Klosters.
Er kniet vor dem Kruzifix. Seine Mitra, Zeichen seines Amtes, hat er abgelegt. Als gläubiger Mensch ist er aufrecht und demütig zugleich im Zwiegespräch mit Jesus Christus. Das Lendentuch Jesu Christi scheint im Wind zu wehen – das ist schon ein Hinweis auf die Auferstehung und das Heil, das Gott in Jesus Christus offenbart hat.
Der Abt ist angezogen wie ein Gelehrter und auf Augenhöhe mit den Reformatoren seiner Zeit, die im Rahmen abgebildet sind.
In drei Medaillons sind zu sehen: links oben Urbanus Rhegius als Reformator des welfischen Fürstentums Lüneburgs, Antonius Corvinus, Reformator des welfischen Fürstentums Calenberg, Stephan Kempe, Reformator der Stadt Lüneburg.
Auf der rechten Seite von oben nach unten sind zu sehen: Martin Luther, Martin Bugenhagen, Organisator der Reformation in Norddeutschland, und Martin Chemnitz, Reformator der Stadt Braunschweig.
Das Epitaph hatte einen Aufsatz, von dem heute nur noch eine Darstellung des auferstandenen Christus zu sehen ist. Es scheint, als würde er tanzen – ein österlicher Freudentanz, denn der Tod ist besiegt, das ewige Leben ist uns verheißen.
Geschaffen wurde das Epitaph wohl von Jürgen Spinnrad aus Brauschweig; in Auftrag gegeben hat es Eberhard von Holle, Neffe und Nachfolger Herbords.
Als ab 1527 die Ideen der Reformation in Lüneburg Einzug hielten, sträubte sich der Abt des Michaelis Klosters, Boldwin von Marenholtz jahrelang sowohl gegen die Bestrebungen des Landesherrn, der den protestantischen Glauben einführen und gleichzeitig das Kloster auflösen wollte, als auch gegen die Reformbestrebungen seiner Konventsmitglieder. Doch im Jahr 1532 schuf der Prior des Konvents, Herbord von Holle Fakten: Er feierte das erste Mal mit den Konventsbrüdern das Abendmahl in evangelischer Form: mit Brot und Wein für alle Teilnehmenden.
Den Aufzeichnungen nach sah Abt Boldewin von Marenholtz die Abendmahlsfeier, wurde zornig, warf vor lauter Empörung seinen Schlüsselbund in die Abendmahlsrunde, ging in seine Gemächer und erlitt einen Schlaganfall, an dessen Folgen er wenige Tage später verstarb.
So kam es zu einem Wechsel im Amt und in der Glaubenspraxis des Klosters. Herbord von Holle wurde zum ersten evangelischen Abt des Klosters gewählt.
In langen Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn und der Stadt Lüneburg wiedersetze er sich der Auflösung und gestaltete den Konvent zu einem evangelischen Konvent um, der sich nach wie vor der Regel des Benediktinerordens verpflichtet sah.
Um 1565 wurde auch die Schule des Klosters, die Michaelisschule nach protestantischen Grundsätzen neu organisiert und bestand bis 1819.
Besonders begabte Chorsänger konnten sich auf kostenlosen Schulbesuch im Rahmen von Freiplätzen und Stipendien bewerben. Von 1700-1702 war auch Johann Sebastian Bach als Stipendiat Schüler an der Michaelisschule. Aufgabe der Schüler der Michaelisschule war es, sonntägliche Gottesdienste, aber auch Trauerfeiern durch ihren Gesang mitzugestalten.
Als der evangelische Konvent sich 1655 auflöste, wurde in den Klostergebäuden eine weitere Schule eingerichtet, die der Erziehung adeliger Söhne des Landes dienen sollte, die später so genannte Ritterakademie.
Das Amt des Abtes blieb bestehen, auch aufgrund seiner Bedeutung für die Lüneburger Landschaft. Er war seit 1558 stets ihr erster Landrat. Zusätzlich erhielt der Abt die Aufsicht über die Ritterakademie. Er trug den Titel eines Landhofmeisters und (seit 1673) den des Landschaftsdirektors.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1850 wurden Kloster und Ritterakademie aufgehoben, das Klostervermögen fiel an den Hannoverschen Klosterfonds, der im Kern seit dem 16. Jahrhundert besteht. Seit 1818 trägt er per Gesetz den Namen „Klosterkammer". Der größte Teil der Klostergebäude wurde an staatliche Instanzen abgetreten. Die Kirche blieb Eigentum der Klosterkammer, die bis heute erhebliche Mittel für ihren Erhalt einsetzt.